Togo
Zwischen Motos, Männern und Moskitos…

Zwischen Motos, Männern und Moskitos…

Hallo ihr Lieben,

heute vor einem Monat begann für mich das große Abenteuer im Westen Afrikas.

Mein Flug hierher ging am 11.10.12 in Stuttgart los. Aufgrund von Nebel in Paris startete der Flieger erst 45 Minuten später, als geplant, wodurch ich in Paris erst am richtigen Gate ankam, als man schon ins Flugzeug steigen durfte. Dort traf dann wenig später auch meine Mitfreiwillige Chiara ein, deren Flugzeug auch verspätet in Bremen gestartet war.

Sonst verlief der Flug sehr gut, wir flogen an einem Gewitter vorbei und konnten beim Landeanflug gar nicht zwischen Stadt und Meer unterscheiden, da auf dem Wasser viele Schiffe vor Anker lagen/liegen, die genauso beleuchtet sind wie die Stadt.

Am Flughafen wurden wir von einigen Mitgliedern des Vereins „Hoffnung für die Jugend“ begrüßt, der hauptsächlich aus Deutschlehrern besteht und unser Arbeitgeber vor Ort ist.

Mit dem Auto ging es dann durch die Stadt zu unseren neuen Bleiben.Ich wohne in einem großen Haus im Stadtteil Bè Ahligo.

Ich habe meine eigene Wohnung, bestehend aus Schlafzimmer, Badezimmer, ungenutztem Schlafzimmer mit von mir genutztem Schrank, Wohnzimmer und „Küche“ (dort ist nur ein Waschbecken und eine Arbeitsfläche).

Hier im Haus wohnen auch meine Gasteltern, die von allen Papa und Tanty genannt werden, sowie der Deutschlehrer Kossi, 2 seiner Schwestern (Tantan und Elyse) mit ihren Kindern Godfirst und Samuel und Julien und Enyovi. Außerdem leben auch noch Akos und Jean mit im Haus, sie gehören nicht zur Familie und Akos ist hier so eine Art Haushaltshilfe und Adoptivtochter in einer Person. Sie sind beide ungefähr in meinem Alter, genauso wie Julien.

Das Haus ist hier im Umkreis eines der größten und ich bin mir darüber bewusst, dass es nur wenigen Einwohnern Togos möglich ist so luxuriös zu leben.

Ab Freitag, 12.10.12 besuchten wir jeden Tag, Wochenende ausgenommen, den Deutschunterricht an 4 verschiedenen Schulen, hörten zu und halfen gelegentlich ein bisschen mit. In einer Klasse wurden wir aufgefordert ein bisschen über Deutschland zu erzählen und auch die Aufgabe der Anwesenheitskontrolle von rund 55 Schülern mit sehr komplizierten Nachnamen habe ich schon hinter mir.

Wir wurden von allen hier sehr freundlich empfangen und man behandelt uns wie Gäste, so dass wir oft keinen Finger rühren dürfen.

Für mich ist es noch ein bisschen schwierig mit den Leuten zu sprechen, die nicht Deutsch reden, da hier auch Französisch für die Menschen nur eine Fremdsprache ist und viele lockere Gespräche (nicht auf dem Amt) auf Mina bzw. Ewé stattfinden. Auch das Französisch ist sehr schnell und oft mit Worten aus der Ewé-Sprache gemischt.

Diese möchte ich auch gerne lernen, aber bis jetzt beschränken sich meine Kenntnisse, da noch auf Danke, Ich bin müde, Bis bald und Weiße. Die Kinder auf der Straße rufen oft „ Yovo“ oder „Yovovi“, wenn sie mich sehen, was eben die Bedeutung von Weiße(r) ist.

Das Essen hier schmeckt IMMER scharf, aber auch sehr lecker. Es wird sehr viel auf der Straße an Ständen verkauft, es gibt aber auch sehr viele Menschen, die ihre Waren auf dem Kopf tragen und sich so auf die Suche nach ihren Kunden machen.

Ich wurde mittlerweile schon einige Male gestochen (trotz Moskitonetz und Anti-Mückenspray), allerdings komischerweise nur an den Füßen. Es hat in den letzten 4 Wochen ungefähr 4 Mal kräftig geregnet, wodurch es wenigstens für ein paar Stunden etwas kühler war.

Darüber habe ich mich sehr gefreut, da mein Wecker in meinem Zimmer meist zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Temperatur von 30°C angezeigt.

In der Zeit, in der ich nun hier bin, ist bereits 4 Mal der Strom ausgefallen. Glücklicherweise kam dies nur ein Mal abends vor, als es schon dunkel war.

Als Kind hatte ich ein Buch, das „In Afrika war ich nie allein“ hieß. Daran musste ich in den letzten Tagen oft denken, da dies auch hier der Fall ist. Wenn ich tagsüber zuhause bin, dann kommen immer irgendwann Kinder, die hier wohnen oder sonst irgendwie zur Familie gehören zu mir ins Wohnzimmer. Es gefällt mir sehr gut, dass ich in einer großen Familie lebe, wo immer etwas los ist. Und wenn ich mal meine Ruhe brauche, dann ist es auch für niemanden ein Problem, wenn ich ins Schlafzimmer gehe und die Tür schließe.

Zu Beginn unserer Zeit hier spielte Togo in Lomé gegen Gabun. Es war das letzte Spiel der Qualifikation für den Africa-Cup. Togo gewann und das war sehr schön, da Togo genauso fussballverrückt wie Deutschland ist. Bei jedem Tor liefen die Menschen auf die Straße, freuten sich und tanzten. Auch nach dem Spiel waren alle draußen und feierten den Sieg.

In Lomé ist das Goethe-Institut einer der wichtigsten Punkte, um Deutsch zu lernen oder Material für den Unterricht zu suchen. Das Goethe-Institut liegt in der Stadtmitte, direkt beim Grande Marche und hat eine tolle Bibliothek. Dort kann man viele interessante deutsche Bücher, CDs und DVDs finden.

Unser Mentor und Ansprechpartner bei allen Problemen ist Désiré Raymondo. Er ist Schulleiter am Lycée Lomé-Cité und kümmert sich gut um uns. Er hat einen Freund und Fahrer, der ihn mit seinem alten Golf durch die Gegend fährt. Mit beiden sind wir schon viel unterwegs gewesen. Wir treffen uns oft mit Raymondo in einem Café und trinken dort etwas.

Mittlerweile sind wir schon sehr erprobt im Motorrad-Taxi fahren. Damit begeben wir uns zwar des öfteren in Lebensgefahr, wir haben aber nicht wirklich eine Wahl, da dies hier das Fortbewegungsmittel Nr. 1 ist und keiner nach den Risiken fragt.

So, es gibt noch viele weitere Dinge zu erzählen, doch für heute muss das reichen.

Viele liebe sonnige Grüße aus dem heißen und überhaupt nicht verschneiten Togo.

Eure Jana =)

P.S.: „ Wörter können sein wie winzige Arsendosen. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“, sagte ViktorKlemperer.

Wir haben alle bestimmte Bilder oder Assoziationen in unseren Köpfen. Betrachten wir beispielsweise den Kontinent Afrika – Afrika hat 54 Länder und noch so viel mehr Kulturen, welche sich sprachlich, sozial und kulturell erheblich voneinander unterscheiden. Trotzdem spricht mensch von „Afrika“ und verbindet damit oft Armut, Menschen die eine andere Hautfarbe haben, Wüsten, „einheimische Stämme“, archaische Lebensweise… diese Liste ließe sich noch weiterführen. Doch woher kommen diese Bilder? Meist nehmen wir sie irgendwo auf, z.B. auf einem Plakat von „Brot für die Welt“, in einem Film wie „Die weiße Massai“ oder einfach von Bekannten die Urlaub in Afrika gemacht haben. Doch alle Medien oder Eindrücke, die wir aufnehmen, stellen Momentaufnahmen da. Sich dieser Tatsache bewusst zu werden oder sich mit ihr auseinanderzusetzen ist sehr wichtig.

Warum ich dies hier nochmal ausdrücklich betonen will, hat folgende Gründe. Ich möchte euch verständlich machen, dass auch ich nur mit meinen Augen beobachten kann. Die Inhalte meiner Briefe stellen also einen kleinen Ausschnitt vom Leben in Togo dar, nicht aber eine „allgemeine Formel“, nicht aber den „gemeinsamen Nenner“. In diesem Kontext möchte ich euch bitten, alle Texte auch wie eben beschrieben zu betrachten. Damit Verallgemeinerungen und das Bilden von Stereotypen und Vorurteilen vermieden werden.