Urlaub in Kapstadt (vom 6. Januar-18. Januar 2013)
Mein nächstes Reiseziel war Kapstadt. Dies war für mich Neuland und ich war ein wenig aufgeregt. Besonders freute ich mich die andere Freiwilligen Paul und Sebastian wiederzusehen. Doch erst Mal stand uns eine lange Busfahrt bevor. Wir hatten uns den günstigsten Bus ausgesucht und das war eindeutig ein Fehler. Der Bus hatte die normale Breite eines Busses, jedoch gab es 3er und 2er Reihen. Damit die Sitze alle in den Bus passten, wurden sie einfach schmaler gemacht. Der Mittelgang war deswegen auch ziemlich schmal und man konnte sich nur seitwärts durch den Bus bewegen. Hinzu kam, dass der Bus nur eine Tür, also auch nur eine Ein-und Ausstiegsmöglichkeit, hatte und somit das Aussteigen an den Raststätten eine halbe Ewigkeit gedauert hat. War man endlich wieder im Bus hat man so richtig den „wundervollen“ Busgeruch wahrgenommen, der einem entgegenschlug und der euch allen bestimmt nur allzu gut bekannt ist. Die Lüftungs- und Klimaanlage funktionierte, welch ein Glück. Doch das Glück war nicht von langer Dauer, denn anscheinend waren Bustoilette und Lüftungsanlage miteinander verbunden und so stank es im ganzen Bus nach Fäkalien.
Durch die unbequemen, schmalen Sitze und der weinigen Beinfreiheit war Schlafen fast unmöglich. Die Möglichkeit zu lesen war leider nicht gegeben, da keine einzige Leselampe im Bus funktionierte.
„Na herzlich willkommen, das kann ja eine tolle Busfahrt werden!“
Was waren wir froh, als wir endlich in Kapstadt ankamen und von Paul (Freiwilliger in Kapstadt) in Empfang genommen wurden. Als erstes ging es in den Companies-Garden, indem wir uns ein bisschen ausruhen konnten. Anschließend ging es mit der Metrorail (eine Art Straßenbahn nach Rethreat. Das ist ein etwas außerhalb gelegener Stadtteil von Kapstadt und mit dem Zug braucht man ca. 40 Minuten. Auffällig bei dem Zug ist, dass es Tickets für die erste und dritte Klasse zu kaufen gibt. Dies ist eine hinterlassene Spurt der Apartheid, bei der dir erste und zweite Klasse für die weiße Bevölkerung und dir dritte Klasse für die schwarze Bevölkerung gedacht waren. Der Unterschied ist nicht nur der Preis sondern auch der Komfort der Sitze. In der dritten Klasse haben mich die sitze an die Straßenbahn in Berlin erinnert: gelbe lange Plastiksitzbänke an den Innenwänden des S-Bahn. (Ich weiß gar nicht, ob es noch so ist, aber irgendwie war es das erste Bild, welches mir in den Kopf gekommen ist.) In der ersten Klasse sind die Sitze entweder gepolstert oder es gibt immer 4er Gruppen mit einer hohen Lehne (erinnert sehr an die Züger der deutschen Bahn).
Nach einem kleinem Aufenthalt in unserer neuen Unterkunft (Gastfamilie von Paul und Sebastian) ging es zum nächsten Supermarkt, denn wir hatten abgemacht, uns selber zu versorgen.
Die gesamte erste Woche waren wir viel auf uns alleine gestellt, weil Paul und Sebastian fleißig gearbeitet haben und so haben wir uns alleine an die Entdeckung von Kapstadt gemacht: Waterfront, Museen, Companiesgarden, Longstreet, Greenmarket Square, Innenstadt und das Bo-Kap Viertel (auch muslimisches Viertel genannt).
Am Freitagabend kam auch Pauls Vater zu Besuch und für die kommenden Woche waren einige gemeinsame Aktivitäten geplant, wie das Erklimmen des Tafelberges, die Besichtigung des Gefängnisses auf Robben Island sowie ein Ausflug zum Kap der guten Hoffnung.
Am Wochenende war jedoch erst mal Strandtag und Weinprobe angesagt. Ich muss echt sagen. Ich bin ein Mensch, der keinen Wein mag. Und ich frage mich, ob ich ihn jemals mögen werde…:D
Wenn wir mal kein Programm hatten, haben wir gelesen, gekocht, gemeinsam Karten gespielt, gequatscht oder ich habe mit Paul jongliert (eine meiner Lieblingsbeschäftigungen), denn zu zweit macht es einfach mehr Spaß.
Der für Montag geplante Aufstieg des Tafelberges mussten wir wegen „schlechten“ Wetter (31°C und Sonne) verschieben. Das Problem war, dass es auch ziemlich windig war und die Spitze des Tafelberges in eine Wolkendecke eingehüllt war. So hätte man oben wenig gesehen. Also ging es an das Kap der guten Hoffnung und wir standen am süd-westlichsten Punkt Afrikas! Auf dem Rückweg haben wir dann noch Pinguine am Strand besucht, das war cool. Und es ist echt ein bisschen seltsam Pinguine in Südafrika am Strand zu sehen, man hat doch eher das Bild von Schnee.
Dienstag ging es nach Robben Island und man bekam einen Einblick in die Geschichte der Apartheid und den Gefängnisaufenthalt von Nelson Mandela. Ehrlich gesagt war es nicht sonderlich spannend und ich hatte mir mehr erhofft. Es ging mit einem Bus quer über die Insel und unser Guide hat ohne Punkt und Komma, in einem ziemlich schnellen Englisch gesprochen. Außerdem war es nur an bestimmten Punkten erlaubt, den Bus zu verlassen und einige Fotos zu knipsen. Anschließend folgte die Besichtigung mit einem Exgefangenen durch das Gefängnis.
Also, es war schon interessant und es ist ein Teil der Geschichte Südafrikas, aber ich würde Robben Island nicht noch einmal besuchen.
Am Mittwoch, unserem letzten vollen Tag in Kapstadt ging auf den Tafelberg. Wir haben ihn in 2 Gruppen bestiegen. Die erste Gruppe, bestehend aus Janneke, Paul und mir und die zweite Gruppe aus Kay und Sarah. Wir hatten ziemlich gutes Wetter, eigentlich zu gutes Wetter. Es war 37°C, keine Wolke am Himmel und kein Lüftchen. Wir sind um 11 Uhr mit dem Aufstieg gestartet und uns war bewusst, dass wir die volle Mittagssonne erwischen würden. Aber es gab keine Alternative. Wir konnten doch nicht Kapstadt verlassen ohne auf den Tafelberg geklettert zu sein. Und das Wort „klettern“ trifft es ziemlich gut. Der Aufstieg war anstrengend, es gab kaum Schatten auf der Strecke und wir haben immer wieder Pausen eingelegt. Ich war froh, ausreichen Wasser eingepackt zu haben.
Die ausgewählte Strecke war als kürzeste markiert, war aber zu gleich auch einer der Anstrengsten und schwierigsten: Felsstufen ohne Ende, die Manchmal nur mit Kletterakrobatik erklimmt werden konnten.
Doch nach 2 Stunden und 24 Minuten waren wir (erste Gruppe) oben auf dem Berg angekommen. Reichlich erschöpft, aber überglücklich geplant, das wir endlich die Spitze erreicht hatten und den Ausblick genießen konnten. Wir hatten gedacht, dass wir ca. 4 Stunden brauchen werden und waren ziemlich stolz auf unsere Zeit.
Die Rückfahrt, die wir so gefürchtet hatten, war wesentlich entspannter als die Hinfahrt. Wir saßen vorne an der Tür, hatten 6 Sitzplätze für 4 Personen, die Klimaanlage funktionierte einwandfrei und es funktionierten doch auch tatsächlich die Leselampen! Das war fast schon Luxus!
Back to work…
Ja, irgendwann ist dann jeder Urlaub vorbei und auch für mich ging es zurück in den Arbeitsalltag. Im Kindergarten wartete eine neue Gruppe auf mich und meine Hauptaufgabe war es, am ersten Tag die Namen zu lernen, sie mit den richtigen Gesichtern verbinden und dann in meinem Gehirn zu speichern. Das klappt mehr oder weniger gut, doch deutlich besser als bei der ersten Gruppe. Es gab wieder einige Kinder, die mich „legkoa“ genannt haben, aber daran habe ich mich inzwischen gewöhnt und kann es meisten ignorieren. 😀
Leider verstehen die Kinder wieder nicht so viel Englisch und meine Herausforderung ihnen Spiele zu erklären beginnt von vorn. Doch ich habe mit der ersten Gruppe einige Erfahrungen sammeln können und weiß, wie ich welches Spiel am besten erklären kann. Die jüngsten Kinder in meiner Gruppe sind jetzt 4 Jahre alt und kein Kind ist bisher 6 Jahre alt. Dadurch, dass wir nicht mehr für die Entlassung üben müssen, die ist erst im Dezember, haben wir wieder einen geregelten Tagesablauf. Zuerst ankommen, beten, frühstücken, singen, Unterrichts – und Lernphase, kreative Arbeit, Toilettenpause, freies Spielen drinnen oder draußen (ja nach Wetter), in der Zeit kann ich Spiele mit ihnen spielen, Mittagessen und als letztes Mittagsschlaf.
In der Unterrichts- und Lernphase üben wir mit den Kindern zählen, die Wochentage, Monate, …eigentlich alles Mögliche. Es gibt Themenwochen die bearbeitet werden müssen und im Moment ist es „me and my body“. Meistens bezieht sich die kreative Arbeit auf das vorher gelernte. So hatten wir an einem Tag das Thema Hände und danach mussten die Kinder ihre Hände auf ein Blatt Papier legen, umranden, ausmalen, ausschneiden und auf ein neues Blatt kleben. Es ist echt erstaunlich, wie unterschiedlich schnell und genau die Kinder das können. Man erkennt deutlich, welche von ihnen zu Hause gefördert werden und Aufmerksamkeit bekommen und welche nicht.
Zwischenzeitlich gab es mal etwas Stress im Kindergarten, weil Erzieherinnen entlassen wurden und es war ausgerechnet die, mit der ich zusammen arbeite. Doch nach einigen Gesprächen und Einsätzen hat sie iheren Arbeitsplatz wieder bekommen. Aber wie lange, ist unklar. Der Grund war, dass die Direktorin meinte, sie hätte kein Geld um alle zu bezahlen und ich hatte schon Angst, dass ich auch der Grund sein könnte, denn mich muss sie ja nicht bezahlen.
Auch in der Schule hat sich einiges geändert. Ich habe mit den Lehrern gesprochen und gesagt, dass ich nicht 5 Stunden am Tag Bücher handschriftlich registrieren kann und das haben alle glücklicherweise verstanden. Jetzt bin ich als zweite Lehrkraft in Sport, Englisch und Life Orientation tätig. Englisch unterrichte in der 6a/b und es macht richtig Spaß. Life Orientation unterrichte in der 7b und im Moment ist das Thema Sexualkunde. Das finden die Kinder unglaublich spannend und die letzte Stunde haben wir über Schwule und Lesben diskutiert. Am Ende der Stunde wurde ein kleiner Test über das besprochene geschrieben. Das sind dann meistes bis zu 10 Fragen/Aufgaben, wie zum Beispiel: Erkläre in einem Satz, was das Wort schwul bedeutet.
Mittwoch ist mein anstrengendster Tag in der Schule. Ich muss um 7 Uhr da sein und es folgt eine Stunde Sport. Das finde ich ziemlich gut, dann sind die Kinder in der ersten Unterrichtsstunde aufmerksamer und morgens ist es meistens noch schön kühl/angenehm. Der einzige Nachteil ist das frühe Aufstehen, aber daran gewöhne ich mich wieder. Nachmittags von 14.20 – 15.20 Uhr ist nochmal Fußballtraining. Das unterrichte ich allerdings nicht, sondern es sind zwei Frauen, die selber Fußball in einem südafrikanischen Verein spielen. Ja, wenn das Training dann vorbei ist, endet meine Arbeitszeit und ich kann nach Hause gehen.
Zu Hause angekommen wartet mein kleiner Gastbruder schon auf mich. Der ist im Januar in die Schule gekommen und muss jetzt jeden Nachmittag fleißig seine Hausaufgaben machen, doch das mag er überhaupt nicht gerne. Es habe mich bereit erklärt, jeden Tag mit ihm die Hausaufgaben mit ihm zu machen, weil ich am meisten Geduld mit ihm habe. Er hat noch nicht ganz verstanden, dass wenn er sich 15 Minuten am Stück konzentrieren würde, die Hausaufgaben erledigt wären. Aber ich kann das nur zu gut verstehen, denn die anderen Kinder spielen draußen, rufen seinen Namen und wollen, dass er spielen kommt. Es gibt keinen Tisch, an dem er die Hausaufgaben machen kann und das erschwert die ganze Situation für ihn. Inzwischen wurde bei ihm auch Hyperaktivität nachgewiesen und er bekommt eine Menge Medikamente, unter anderem Ritalin. Doch er nimmt die Medikamente nur vormittags in der Schule und dementsprechend ist die Wirkung um 16/17 Uhr verschwunden und es ist jedes Mal ein Kraftakt mit ihm Hausaufgaben zu machen.
Meine Gastmama sagt schon, sie unterschreibt einen Vertrag, dass ich länger hier bleiben kann um jeden Tag mit Phenyo die Hausaufgaben machen zu können. Sie hat keinerlei Geduld mit ihm und will ihn nächstens Jahr auf eine Boardingschool schicken. Das ist ein Internat, welches ziemlich weit entfern ist und den Kindern ist es nur erlaubt, alle 3 Wochen für ein Wochenende und sonst nur in den Schulferien nach Hause zu gehen. Sie dürfen nur einmal die Woche zu Hause anrufen.. (ich weiß nicht sie genau, wie sie das einhalten wollen. Vielleicht gibt es da keinen Handyempfang, denn meine Gastmama meinte, sie würden sie immer zu öffentlichen Telefonanlagen bringen). Aber ich finde das ganz schön hart für den kleinen. Und für die Familie ist es die einfachste Lösung, dann haben sie ein Problem weniger…
Besonders schwierig ist es für ihn der Unterschied zwischen den Nachbarskindern und ihm. Er steht morgens um 4.45 Uhr auf, wird um 5.15 Uhr abgeholt und fährt dann in die Stadt zu seiner Schule. Er muss so früh los, weil immer noch andere Kinder auf dem Weg eingesammelt werden. Er kommt dann meistens so gegen 15.30/16.00 Uhr wieder da und muss dann noch Hausaufgaben machen. Die meisten Kinder in der Nachbarschaft gehen auf eine Schule hier in der Nähe. Das heißt, sie müssen nicht so früh aufstehen, haben einen kurzen Schulweg, den sie laufen können, sind nachmittags schon da, wenn Phenyo von der Schule kommt und dürfen länger draußen spielen.
Ach ja, ich gehe jetzt 3 Mal die Woche ins Fitnesscenter und trainiere, damit ich wenigstens noch etwas von meiner Kondition habe, wenn ich wieder nach Deutschland komme. Aber ich muss schon sagen, mir ist wirklicher Sport lieber. Ich freue mich jetzt schon aufs Fahrrad fahren, Inline skaten, Joggen, rudern, schwimmen und natürlich das Badmintontraining.
Nächste Woche geht es zum Halbjahresseminar (kaum zu glauben, dass ich dann schon fast 6 Monate hier bin) und wir lernen eine Menge anderer Freiwilliger kennen. Das wird bestimmt lustig und interessant, die Erfahrungen, Eindrücke und Geschichten mit den anderen Freiwilligen zu teilen.
So, jetzt habt ihr wieder eine ganze Menge erfahren und seit auf dem neusten Stand. Ich sende euch ganz liebe Grüße nach Deutschland oder wo auch immer hin.
Eure Malin Boitumelo Ramela