3. Quartal bei CISAS, Managua

Flashmob-Aktion gegen Femizide und Straflosigkeit

Pünktlich vor dem Internationalen Tag der Frau wurde am 7. März durch CISAS eine Flashmob-Aktion in einem Einkaufszentrum organisiert. Eine Gruppe von Frauen hat ihre Shirts mit blutroter Farbe bemalt uns sich im Einkaufzentrum plötzlich auf den Boden fallen lassen. Jede der Frauen trug ein Schild mit dem Namen und dem Alter einer der 74 Frauen die im Jahr 2013 in Nicaragua ermordet wurden.

Am Ende des ersten Quartals des Jahres 2014 lag die Zahl der Femizide bei 22, 4 mehr als in den ersten drei Monaten des vergangen Jahres. Und nur einen Monat später, Ende April, waren insgesamt bereits 30 Opfer registriert worden.

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Repression am Internationalen Tag der Frau

Zum Internationalen Tag der Frau wurde von mehreren NGO’s (darunter CISAS) ein farbenfroher Carnaval organisiert, zur Feier des Tages und zur Forderung der Einhaltung der Frauenrechte. Trotz Genehmigung wurde der Umzug allerdings von der Polizei gestoppt, so dass die Teilnehmer des Marsches nicht bis zu ihrer Bühne gelangen konnten, an welcher ihre Veranstaltung ausklingen sollte. Auf dem Weg zur Bühne traf der Umzug auf eine Polizeisperre und über 25 schwerbewaffnete Sondereinsatzkräfte – in vorderster Reihe alle junge Frauen. Ich kann mir vorstellen, dass die jungen Polizistinnen an diesem Tag mit gemischten Gefühlen ihrer Arbeit nachgingen. Am Internationalen Tag der Frau, also auch an ihrem Tag, anderen Frauen die sich für Gleichberechtigung einsetzen gewaltsam stoppen zu sollen kann nicht einfach sein. So reichten die Reaktionen der Einsatzkräfte von Aggression bis hin zu Tränen. Laut des Fernsehsenders Canal 12 standen weitere 200 Sondereinsatzkräfte im Hintergrund bereit. Die Bühne der NGO’s, sowie fast alle Kreisverkehre der Stadt wurden von der Jugendorganisation der Partei besetzt. So reagierte Nicaraguas Regierung unter Daniel Ortega auf die Mädchen und die jungen, erwachsenen, schwangeren und alten Frauen und alle anderen die mit ihnen den internationalen Tags der Frau feierten. 


Zuvor hatte es nie eine solche Polizeipräsenz an einem 8. März gegeben. Doch der fröhliche Marsch lies sich nicht provozieren. So wurde vor der Polizeisperre getanzt, Theater gespielt und protestiert. Hoffentlich tragen nächstes Jahr ein paar der anderen Frauen anstelle der Polizei-Uniform und anstelle der gleichgeschalteten Shirts der Parteijugend bunte Kostüme, so wie die Teilnehmer des bunten Carnevals.

Fotos vom 8. März 2014:


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Fotos: http://www.confidencial.com.ni/galeria/323

Workshop “Virtuelles Wasser”

Im Rahmen eines Workshops des Projektes “Alegremia” (siehe vorherige Quartalsberichte) erarbeitete ich mit den Kindern und Jugendlichen im März das Thema “Virtuelles Wasser”. Die Kinder und Jugendlichen brachten die Verwendung von Wasser im Rahmen der Produktion von Konsumgütern vor allem mit Lebensmitteln in Verbindung und staunten darüber wie viel virtuelles Wasser in einer Jeans (ca. 11.000 Liter), in einem Telefon (ca. 1.280 Liter) oder in einem Computer (ca. 20.000 Liter) stecken. Ein Großteil des virtuellen Wassers, das in Nicaragua für die Produktion von Waren verbraucht wird, wird nicht von der nicaraguanischen Bevölkerung konsumiert, sondern von den Verbrauchern anderer Länder, welche nicaraguanische Exportgüter wie Kaffee, Gold und Rindfleisch importieren und damit die Situation bezüglich der Wasserversorgung in Nicaragua mit beeinflussen. Dies ist besonders deshalb problematisch weil sich Nicaragua in einer ökonomischen Wasserkrise befindet und es kaum nachhaltigen Umgang mit Wasser gibt, d.h. obwohl genügend Süßwasser vorhanden ist, hat die Bevölkerung mit geringem Einkommen auf Grund fehlender Infrastruktur und Organisation in manchen Teilen des Landes nur schlechten Zugang zu Trinkwasser. Es gibt nur wenige Kläranlagen. Die Situation in Nicaragua wird verschärft durch das Austrocknen und die Verschmutzung von wichtigen Wasserquellen in Regionen des Minenbaus und durch die Zerstörung eines der wichtigsten Biosphären-Reservate Lateinamerikas: Bosawas. So bearbeiteten wir auch spielerisch Themen wie Welthandel und globale Wasserverteilung, Wasserkrise und Wasserkonflikte.

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weltwärts Reverse!

Der Nordpartner von CISAS, “Amistad con Nicaragua” (Städtefreundschaft Göttingen-La Paz Centro) wird voraussichtlich ab 2015 vier nicaraguanische Freiwillige in Göttingen aufnehmen. Geplant sind 2 Einsatzstellen in einer Schule und 2 Einsatzplätze auf einem Bauernhof. CISAS wird als Entsendeorganisation fungieren, was mir derzeit die Möglichkeit gibt das Programm im Rahmen des Bewerbungsverfahrens und in der Entwicklung von Ideen für die Vorbereitung der nicaraguanischen Freiwilligen mit vorzubereiten.

Erdbeben – schlaflose Nächte          

Im April gab es in Nicaragua mehrere Erbeben und zeitweise wurde die höchste nationale Alarmstufe ausgerufen. Die stärksten Beben lagen auf den Stufen 4.4 bis 6.7, außerdem gab es unzählige schwache Beben. Die Epizentren lagen meist in der Nähe der Vulkane Momotombo und Apoyeque, in Nagarote, Peninsula de Chiltepe, Nandaime und Managua, aber auch im Departamento Rivas. Die Städte Nagarote, Mateare, La Paz Centro und Ciudad Sandino erlitten die schlimmsten Schäden. Die größten Sorgen hier in Nicaragua bereiteten eine mögliche Aktivierung der Erdspalten in Managua, die das große Beben von 1972 ausgelöst hatten und sich seit 41 Jahren nicht bewegt hatten, sowie das Risiko von Vulkanausbrüchen. Durch die Beben wurden über 3000 Häuser zerstört, ca. 42 Personen verletzt und 2 Personen starben an einem Herzinfarkt, ca. 1585 Personen wurden evakuiert, 32 Krankenhäuser beschädigt. Neben beschädigten/zerstörten Häusern stürzten in Managua außerdem Stromleitungen herunter. 

Ein Monat schlafloser Nächte in dem die meisten Menschen im Garten, Hof, Terrasse oder auf der Straße geschlafen haben. Am 12. Mai wurde der Alarm heruntergestuft und die Schule begann wieder. Die Mitglieder der Kinder- und Jugendgruppen von CISAS sind froh, dass es endlich mit dem Unterricht weiter geht und sie sich nicht noch mehr mit dem Lehrplan verspäten. Derweil geht der Wiederaufbau der zerstörten Häuser voran und vor allem in Managua werden viele alte Gebäude abgerissen um das Risiko im Falle neuer Erdbeben zu mindern.

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Fotos: http://www.elnuevodiario.com.ni/nacionales/316952-alerta-roja-nicaragua-terremoto

Allerdings nutzt die Regierung die Gelegenheit etliche Denkmäler und Bauten einzureisen die nicht von der FSLN errichtet wurden. So konnten angeblich die “Concha Acustica”, genutzt für Konzerte und geliebt von den Bewohnern Managuas, und das Kriegsdenkmal “Faro de la Paz”, um das die Waffen des Contra-Krieges einzementiert worden waren, nicht gerettet werden. Für die angeblich marode und von den Erbeben stark beschädigte Concha Acustica reichten jedoch 5 Tage kaum für den Abriss, denn sie wollte einfach nicht fallen. So war der Spott aller Öffentlichkeit in den letzten Wochen dem Abrisswahn der Regierung gewidmet, vor allem da angeblich Pläne für den Bau eines Einkaufzentrums und eines 5-Sterne-Hotels an der gleichen Stelle existieren.